Antwort auf Anfrage A/2020/212 zu Auswirkungen der Corona Pandemie auf Menschen, die auf Hilfestellungen zur Bewältigung des Lebens angewiesen sind

Sehr geehrte Frau Paech,
einleitend möchte ich darauf hinweisen, dass die von Ihnen aufgeworfenen Fragen recht komplexe Sachverhalte abfragen, welche die Kreisverwaltung nur insoweit beantworten kann, wie Auswertungen und eigene Eindrücke vorhanden sind und der Landkreis Potsdam-Mittelmark für die Erledigung zuständig ist.
Ihre Anfrage kann ich im Einzelnen wie folgt beantworten:
Zu 1.
Wie stellt sich die Situation von Menschen im Kreis Potsdam-Mittelmark dar, die
sich im betreuten Wohnen befinden? Liegen der Verwaltung diesbezüglich
Rückmeldungen seitens der Träger vor?

Für den Wirkungskreis der Kinder- und Jugendhilfe liegen Rückmeldungen der Träger, die Leistungen in betreuten Wohnformen erbringen, vor, dass die Pandemie große Herausforderungen mit sich bringt. Dies wären insbesondere die Umsetzung der einrichtungsbezogenen Hygienekonzepte, die Gestaltung der Umgänge zur Familie, die Betreuung bei Schließung von Kindertageseinrichtungen, die Unterstützung beim Distanzunterricht.
Bei Vorliegen einer Infektion eines/einer Bewohners/Bewohnerin der Einrichtung und der daraus folgenden Quarantäne erhöht sich der organisatorische Aufwand erheblich. Ähnliche Meldungen liegen auch aus dem Bereich der Eingliederungshilfe für die besonderen Wohnformen vor. Es gab teilweise Schließungen der Werkstätten für behinderte Menschen, welche dazu führten, dass die leistungserbringenden Träger der
Wohnformen alternative Betreuungsangebote schaffen mussten. Das Einhalten von Hygienekonzepten und Quarantänevorgaben im Infektionsfall stellte die Träger ebenfalls vor große Herausforderungen.
Bisher ist es aber allen Träger dieser Einrichtungen gelungen, diesen Herausforderungen gerecht zu werden. Der wahrscheinlich größte Personenkreis der sich im Landkreis Potsdam-Mittelmark im
betreuten Wohnen befindet, sind die Senioren. Die Anbieter dieser Wohnformen sind allerdings keine von der Kreisverwaltung beauftragten Dritten. Die Finanzierung erfolgt im Wesentlichen über die Pflegeversicherung und Beiträge der Bewohner/innen. In den
vergangenen Monaten waren zahlreiche Meldungen über die Schwierigkeiten dieser Einrichtungen und ihrer Bewohner/innen der Presse zu entnehmen. Darüber hinausgehende Informationen liegen der Kreisverwaltung nicht vor.
Zu 2.
Wie viele Beratungen gab es 2019 von Menschen, die Unterstützung von
Einzelfallhelfer/innen benötigen und wie sieht es jetzt während der Pandemie aus?
Gibt es Wartezeiten?

Die Einzelfallhilfe kommt als eine grundlegende sozialpädagogische Interventionsform in vielen Beratungs-Settings der Kreisverwaltung vor.
Sie findet sich in Gesprächen beim Jobcenter, dem Jugendamt, der Eingliederungshilfe, in den Pflegestützpunkten, dem Sozial-psychiatrischen Dienst des Gesundheitsamtes, den Beratungsstellen des Landkreises, etc. wieder. Eine statistische Erfassung, ob dieses Instrument in den zahlreichen Gesprächen und Interventionen des Landkreises erforderlich ist oder tatsächlich eingesetzt wurde, liegt in der Breite nicht vor. Quantitative Veränderungen zu den Vorjahren sind bisher nicht zu erkennen. Hier spielen allerdings gegenläufige Einflüsse eine Rolle. Pandemiebedingt haben viele persönliche Gespräche nicht stattgefunden. Neue, pandemiebedingte Bedarfe sind dazu gekommen. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass es zu einem zeitversetzten Effekt von Unterstützungsanfragen nach Einzelfallhilfen kommen wird. Eine abschließende Einschätzung wird wohl erst nach Abflauen der Pandemie und Rücknahme von Maßnahmen der Eindämmungsverordnungen möglich sein. In Einzelfällen gibt es Wartezeiten, welche verschiedene Ursachen haben. Sie weichen allerdings im Schnitt nicht von denen der Vorpandemie-Zeit ab.
Zu 3.
Wie gestaltet sich im Kreis Potsdam-Mittelmark die Umsetzung des Gesetzes über den Einsatz der Einrichtungen und sozialen Dienste zur Bekämpfung der CoronaVirus SARS-CoV-2 Krise in Verbindung mit einem Sicherstellungsauftrag? Ich bitte die Verwaltung darzulegen, mit wie vielen Trägern sie diesbezüglich in Kontakt getreten ist und inwieweit Vereinbarungen getroffen wurden.

Alle mit der Kreisverwaltung in Verbindung stehenden Träger wurden über die Möglichkeiten des Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) informiert.
Im Wirkungskreis der Kinder- und Jugendhilfe wurden im Jahr 2020 SodEG-Anträge von 17 Trägern bearbeitet. Im Jahre 2021 wurden bisher von 3 Trägern Leistungen nach dem SodEG beantragt. Die Verabredung zu modifizierten Leistungserbringungen laufen noch. Im Bereich des Jobcenters gab es zum Zeitpunkt der Einführung SodEG 37 Träger mit
108 Einzelmaßnahmen. 5 Träger haben einen Antrag auf SodEG gestellt und eine Bewilligung erhalten. Alle anderen Träger konnten alternative Durchführungsformen für die Maßnahmen anbieten. Im Fachdienst Soziales und Wohnen gingen insgesamt nur 4 Anträge ein. Davon konnten 3 Fahrdienste Leistungen nach dem SodEG erhalten, da die Fahrten zu
Schule bzw. zur Wohnstätte bzw. zur WfBM nicht stattfanden. Der Antrag eines weiteren Dienstes musste abgelehnt werden. Alle anderen Leistungserbringer des SGB XII bzw SGB IX erbrachten ihre Leistungen in
modifizierter Form und waren nicht auf Leistungen nach dem SodEG angewiesen.
Zu 4.
Finden momentan Beratungsangebote für Menschen mit psychischen
Erkrankungen statt? Wenn ja, in welcher Form finden Beratungsangebote statt und gibt es zusätzliche Angebote, da die Angebote schon vorher mitlangen Wartezeitenverbunden waren.

Während der gesamten Coronapandemie gab und gibt es Beratungsangebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen durch den Sozialpsychiatrischen Dienst (SpDi) des Gesundheitsamtes. Diese finden in Form von Sprechstunden, telefonischer Beratung, Kontakte über Mail, SMS, in Haus-/Klinikbesuchen und ggf. in Begleitung bei Erforderlichkeit, z. B. Behördengängen, statt. Je nach Dringlichkeit der Anfrage war und ist die Wartezeit unterschiedlich – zwischen sofort, wenigen Stunden (noch am gleichen Tag) bis zu ca. 1 Woche. Zusätzlich gibt es die offene Sprechstunde am Dienstag. Es wird hier mit Terminvergaben agiert, um lange Wartezeiten/Aufenthalte innerhalb des Hauses zu vermeiden. Bei akuten Krisen ist jederzeit der Weg spontan in die Beratung möglich.
Nachfragen in Bezug auf (entlastende) Gespräche können seit 9/2020 nicht bedient werden, da die Stelle des Psychologen seitdem nicht besetzt ist.
Stellt sich heraus, dass für das vorgetragene Anliegen der SpDi nicht zuständig ist, erfolgt eine Vermittlung /Verweisung an die zuständige Stelle.
Der Landkreis unterstützt außerdem die Arbeit der Kontakt- und Beratungsstellen (KBS) ür Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen an den Standorten Bad Belzig (KBS „Lichthof“) und Teltow („Türklinke e.V.“). Die Angebote der Kontakt- und Beratungsstellen konnten durchgehend vorgehalten werden. Beratungen wurden zunächst in telefonischer Form, durch aufsuchende Hilfe und nach Erstellung von Hygienekonzepten auch wieder in den Räumlichkeiten der KBSen durchgeführt. Die meisten Gruppenangebote konnten durch die Teilung der Besucher in Kleingruppen aufrechterhalten werden. Für die insgesamt 71 Stammbesucher bedeuteten die Besuche und Beratungsgespräche oft die
einzigen sozialen Kontakte neben den weiteren psychiatrischen Angeboten, wie ambulante Psychiater, Tageskliniken, Tagesstätten – WfbM, Betreutes Wohnen. Die Besucher erhielten während der Pandemie durch das fortlaufende Angebot der KBSen eine Stabilität durch die Beratungsgespräche und durch die Gruppenangebote im
vertrauten Umfeld der anderen Besucher.
Zu 5.
Wie viele Beratungen für Menschen mit psychischen Erkrankungen haben im Jahr
2019, 2020 und 2021 je Monat stattgefunden und für wie viele Beratungen in diesen
Monaten lagen Wünsche vor? Wie viele Menschen konnten keine Beratung
erhalten?

(Kontakte inklusive persönlich, telefonisch, andere Kommunikation, Hausbesuche,
Begleitung, Klinikbesuche, Außensprechstunde)
Es kam zu keiner Zeit vor, dass Bürger keine Beratung erhalten haben.
Wie viele Wünsche zu Beratungen vorlagen, kann zahlenmäßig nicht nachvollzogen
werden, da dies nicht erfasst wird.
Zu 6.
Wie geht der Kreis Potsdam-Mittelmark mit eventuell ansteigenden Fallzahlen von
häuslicher Gewalt um?

Die Landkreisverwaltung steht in ständigem Kontakt zu den Trägern der Jugendhilfe und den Frauenschutzeinrichtungen und Beratungsstellen. Ansteigende Fallzahlen von häuslicher Gewalt sind jedoch bisher im Landkreis nicht festzustellen. Im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe bestehen ausreichend Kapazitäten, um auf einen Fallzahlenanstieg zu reagieren. Um auch im Bereich des Frauenschutzes zukünftig besser gewappnet zu sein und sich den Angebotszahlen der sog. Istanbul-Konvention anzunähern, plant die Kreisverwaltung die Errichtung einer eigenen Frauenschutzeinrichtung und hat entsprechende Fördergelder bereits beantragt.
Freundliche Grüße
Blasig
Landrat

Vielen Dank Herr Landrat #Blasig für die umfangreiche Antwort


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